Grundrechtsschutz durch Verwaltungsgerichtsbarkeit in Deutschland, Kasachstan, der Ukraine und Usbekistan

Projektleitung: Prof. Dr. Dr. h.c. Herbert Küpper (IOR)

Projektmitarbeiterinnen: Wissenschaftliche Referentin Antje Himmelreich (IOR), Studentische Hilfskraft Alexandra Nietzel (IOR)

Laufzeit: 01.01.2024 – 31.12.2024

Förderung: Das Projekt wird durch den DAAD mit Mitteln des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Programms „Ost-West-Dialog. Akademischer Austausch und wissenschaftliche Kooperation für Sicherheit, Zusammenarbeit und zivilgesellschaftliche Entwicklung in Europa 2024“ finanziert.

Projektpartner:

Universität Regensburg, Fakultät für Rechtswissenschaft, Lehrstuhl für öffentliches Recht, insbesondere deutsches und europäisches Verwaltungsrecht

Ansprechpartner: Prof. Dr. Gerrit Manssen

M.S. Narikbaev Universität KAZGUU, Law School, Wissenschaftliche Schule für Verwaltungsrecht und Zentrum für deutsches Recht, Astana (Kasachstan)

Ansprechpartner: Prof. Dr. Roman Melnyk

Nationale Rechtsuniversität Jaroslav Mudryj, Charkiv (Ukraine)

Ansprechpartner: Prof. Dr. Dmytro Luchenko

Tashkent State University of Law (TSUL), Juristische Fakultät, Taschkent (Usbekistan)

Ansprechpartner: Prof. Dr. Bekzod Musaev

Das Institut für Ostrecht führt in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Öffentliches Recht (Prof. Dr. Gerrit Manssen) der Universität Regensburg im Jahr 2024 das Projekt „Grundrechtsschutz durch Verwaltungsgerichtsbarkeit in Deutschland, Kasachstan, der Ukraine und Usbekistan“ durch.

Das Projekt konzentriert sich auf das Zusammenspiel von Grundrechten (als wesentliches Element der Rechtsstaatlichkeit) und Verwaltungsrechtsschutz.

Grundrechtsschutz verlangt vor allem eine effektive gerichtliche Durchsetzung von subjektiven Rechten. Die 1960 in Kraft getretene deutsche Verwaltungsgerichtsordnung kann in mancher Hinsicht Modell stehen für die Staaten, die wie Kasachstan, die Ukraine und Usbekistan eine unabhängige und effektive Kontrolle der Exekutive durch Verwaltungsgerichtsbarkeit etablieren wollen. In Kasachstan trat ein Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozessgesetzbuch am 1.7.2021 in Kraft. In Usbekistan ist Ende 2018 ein Gesetz über die Verwaltungsgerichtsbarkeit verabschiedet worden. In der Ukraine wurde eine Verwaltungsgerichtsordnung zwar schon 2005 verabschiedet. Gleichwohl ist der Rechtszustand in allen drei Ländern noch im Werden. Vor allem fehlt es noch an einer wirksamen und rechtsstaatlichen Überprüfung vor allem der Sicherheitsbehörden. Dadurch werden wesentliche grundrechtliche Garantien (Diskriminierungsverbot, Schutz der Privat- und Intimsphäre, Menschenwürde, allgemeine Handlungsfreiheit) noch nicht hinreichend abgesichert.

Die Institution der Gerichtsbarkeit ist dazu bestimmt, Konflikte mittels eines rechtsstaatlichen und demokratisch legitimierten Instrumentariums zu bewältigen. Ohne eine wirksame verwaltungsgerichtliche Kontrolle von Einzelfallentscheidungen laufen grundrechtliche Garantien leer. Es ist Aufgabe der Verwaltungsgerichte, vor allem die Verhältnismäßigkeit von staatlichen Maßnahmen im Einzelfall zu prüfen. Von Bedeutung ist es deshalb vor allem, den Einfluss der Grundrechte auf die Rechtsanwendung aufzuzeigen.

Dabei sollen die Teilnehmer:innen aber auch die Grenzen und Probleme des Verwaltungsrechtsschutzes kennen lernen. So zeigen sich vor allem in Deutschland Fehlentwicklungen, die kritisch beleuchtet werden sollen: Teilweise sinnfreie Aufteilung des Rechtswegs zwischen ordentlichen Gerichten und Verwaltungsgerichten, Überlastung der Verwaltungsgerichte mit Fällen aus dem Asyl- und Ausländerrecht, zu lange Verfahrenslaufzeiten, zu komplizierte Regeln im einstweiligen Rechtsschutz. Kritisch beleuchtet werden soll auch, ob es sich bewährt hat, den Rechtsschutz als Instrument zur Verfolgung allgemeiner öffentlicher Interessen einzusetzen (Umweltschutz, Klimaschutz, strategic litigation), eine Problematik, die seit der Klimaentscheidung des Bundesverfassungsgerichts verstärkt grundrechtlich verortet wird.

Das Projekt fördert im Einklang mit den Zielen des vom DAAD ausgeschriebenen Programms internationalen wie innerstaatlichen wissenschaftlichen Dialog und Verständigung zwischen gegenwärtigen und künftigen Entscheidungsträgern. Konflikte zwischen Bürger und Verwaltung werden erforscht und Konzepte und Instrumente zur Konfliktbewältigung und Konfliktprävention in den Projektländern entwickelt. Durch die Diskussion über die geeignete gesetzliche Ausgestaltung der verwaltungsgerichtlichen Gewährleistung von Grundrechtsschutz werden Demokratisierung und Rechtsstaatlichkeit gefördert, weil es auch um die Durchsetzung der Bindung der Verwaltung an Gesetze des demokratisch legitimierten Gesetzgebers geht.

Das Projekt richtet sich an Bachelor- und Masterstudierende sowie Doktorierende aus Deutschland, Kasachstan, der Ukraine und Usbekistan. Gerade in der juristischen Ausbildung bietet sich die Möglichkeit, eine Sensibilisierung in Bezug auf die Bedeutung der Verwaltungsgerichtsbarkeit für die rechtsstaatliche Entwicklung bei jungen Jurist:innen zu erreichen und rechtsstaatliches Bewusstsein zu stärken. Durch das Projekt entstehen neue Kontakte und Netzwerke zwischen den Hochschulen der beteiligten Projektländer, Studierenden und wissenschaftlichem Nachwuchs und bestehende Kontakte und Netzwerke werden weiter ausgebaut. Diese bilden die Grundlage für künftigen grenzüberschreitenden Austausch und fachliche Zusammenarbeit.

Als Hauptmaßnahme des Projekts ist vom 20. bis 28. April 2024 ein gemeinsames Studienseminar in Astana (Kasachstan) geplant. Das einwöchige Seminar setzt sich aus wissenschaftlichen Fachvorträgen, studentischen Referaten und einer Gruppenarbeit zusammen. Außerdem sind der Besuch des Verfassungsgerichts und des Obersten Gerichts der Republik Kasachstan geplant.

Im Sinne der Nachhaltigkeit des Projekts werden aus Mitteln des DAAD drei Stipendien an kasachische und ukrainische Studierende/Graduierte bzw. Doktorierende für einen Aufenthalt in Regensburg zu Studien- bzw. Forschungszwecken vergeben. Die Aufenthalte in Regensburg sollen die Möglichkeit bieten, dass sich die geförderten Personen im Rahmen einer Bachelor- oder Masterarbeit bzw. Doktorarbeit zum Projektthema des Grundrechtsschutzes durch Verwaltungsgerichtsbarkeit vertiefend und rechtsvergleichend mit dem deutschen Recht beschäftigen können.

Die Ergebnisse des Projekts sollen in einem Sammelband veröffentlicht werden. Eine Publikation des Sammelbands auf Deutsch ist in den Studien des Instituts für Ostrecht geplant.