Stabile Rechtsordnungen auf dem Westlichen Balkan: Voneinander lernen auf dem Weg in die EU
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Ausgangslage:
Auf dem Westlichen Balkan befinden sich sechs Staaten, die alle der EU beitreten möchten und auf diesem Weg unterschiedlich weit vorangekommen sind. Eine zentrale Voraussetzung der EU-Mitgliedschaft ist eine funktionierende Rechtsstaatlichkeit (Art. 2 EUV). Rechtsstaatlichkeit in diesem Sinne bedeutet mehr als bloße Kompatibilität der staatlichen Rechtsordnung mit den Vorgaben des Unionsrechts. Sie liegt dann vor, wenn die staatliche Rechtsordnung auf dem Papier und in der Umsetzung eine Qualität aufweist, in der das Recht Willkür und Klientelismus ausschließt, illegitime Machtausübung in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft verhindert, die Entscheidungen, die in der politischen Sphäre transparent und demokratisch getroffen worden sind, für alle verbindlich umsetzt und Regeln nicht nur auf dem Papier vorsieht, sondern diese gegenüber den Rechtsunterworfenen auch durchsetzt, und zwar auf eine nicht selektive und nicht diskriminierende Art und Weise. Das setzt nicht nur inhaltlich rechtsstaatliche Normen in einer rationalen Rechtsquellenhierarchie voraus, sondern auch funktionierende Rechtsinstitutionen von der Justiz über die rechtswissenschaftliche Ausbildung bis hin zu den „watchdogs“ wie Medien, NGOs und Verbänden. Von diesem Idealbild sind die Rechtsordnungen des westlichen Balkan – entgegen dem Enthusiasmus mancher EU-Papiere – noch weit entfernt. Unterschiedlich nach Land und Zeit können eine schlechte handwerkliche Qualität des geltenden Rechtsstoffs, eine überbordende administrative Rechtsetzung v.a. auch im Verwaltungsinnenrecht gegenüber lückenhaften Gesetzen im formellen Sinn, eine Instrumentalisierung des Rechts zur Durchsetzung eigener politischer oder wirtschaftlicher Interessen (Herrschaft durch das Recht statt Herrschaft des Rechts), eine am Wortlaut klebende textualistische Auslegungskultur und eine Juristenausbildung, die diesen Textualismus weiter vererbt, sowie ein gewisser Zynismus in der Gesellschaft gegenüber dem Recht genannt werden. Wie in allen ehemals sozialistischen Staaten, so ist auch in den Staaten des westlichen Balkan die Justiz die Staatsgewalt, deren tatsächlicher Zustand am weitesten von rechtsstaatlichen Idealen entfernt ist. Zugleich ist eine qualitätsvolle Justiz der Dreh- und Angelpunkt funktionierender Rechtsstaatlichkeit. Dieser skizzierte mangelhafte Zustand der Rechtsordnung destabilisiert die Staaten des westlichen Balkan nach innen und nach außen. Die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit in den einzelnen Staaten hat daher eine stabilisierende Wirkung nicht nur auf den jeweiligen Staat, sondern auf die gesamte Region. Zugleich fördert sie die EU-Beitrittsfähigkeit der Staaten.
Dabei ist die Region nicht ohne rechtsstaatliche Traditionen. Mit Ausnahme Albaniens sind alle Staaten des westlichen Balkan Nachfolgestaaten Jugoslawiens. Vor 1989/90 war Jugoslawien der einzige sozialistische Staat (wenn man von dem Ausnahmefall Polen ab Mitte der 1980er Jahre absieht), der systematisch auch rechtsstaatliche Elemente in seine Ideologie und Rechtspraxis einbaute, auch wenn er ihnen keinen zentralen Platz einräumte. So gehörten schon lange vor der Wende Verfassungs- und Verwaltungsgerichte zur sozialistischen Rechtskultur Jugoslawiens, und das spätsozialistische Privatrecht Jugoslawiens legte in einem rechtsstaatlichen Ansprüchen genügendem Maße Wert auf Privatautonomie und den Schutz privater Rechte etwa im Vertrags- und Sachenrecht. Das Rechtserbe Jugoslawiens schimmert bei allen Nachfolgestaaten von Slowenien bis Nordmazedonien noch durch, ähneln sich die Rechtsvorschriften und Kodifikationskultur wie auch die der Rechtsordnung zugrunde liegenden Institutionen und weichen Faktoren. Angesichts dieser vielen verbindenden Elemente ist es nicht fernliegend, von einem „postjugoslawischen Rechtsraum“ zu sprechen, mit aller Vorsicht, die der Gebrauch des Begriffs „Rechtsraum“ erfordert. Die eine Ausnahme auf dem westlichen Balkan ist Albanien, das bereits zu sozialistischen Zeiten einen eigenen Weg ging und sich in seiner Rechtsentwicklung ab den 1950er Jahren nicht mehr an Jugoslawien orientierte, sondern eine ganz eigene Rechtskultur aufbaute. Die zweite partielle Ausnahme ist Kosovo, dessen Gesetzgebung seit der Unabhängigkeit wegen der zahlreichen eklektischen ausländischen Beratungseinflüsse nur noch einen schwachen Bezug zum postjugoslawischen Rechtserbe hat, was ein Grund dafür ist, dass sich viele neue kosovarische Gesetze so schlecht mit der vorhandenen Rechtsordnung und Rechtskultur vertragen.
Seit den jugoslawischen Kriegen der 1990er Jahre ist die Kommunikation zwischen den Nachfolgestaaten Jugoslawiens auf ein Minimum reduziert. Daher finden auch die Bemühungen um die Entwicklung einer rechtsstaatlichen Ordnung und um die Umsetzung des acquis communautaire in nationalstaatlicher Isolation, in bilateraler Kommunikation mit der EU und westlichen Unterstützern, aber kaum im regionalen Dialog untereinander statt.
Die Idee unseres Projekts:
Unser Projekt setzt bei der kollabierten Kommunikation zwischen den Ländern des westlichen Balkan an. Es basiert darauf, dass die verbindenden Elemente in den Rechtsordnungen und Rechtskulturen der jugoslawischen Nachfolgestaaten noch immer stark genug sind, um ein Voneinanderlernen nicht nur sinnvoll zu machen, sondern auch zu erleichtern. Wegen der nach wie vor großen strukturellen Nähe der postjugoslawischen Rechtsordnungen zueinander bietet es sich an, dass diese Staaten stärker als bisher voneinander lernen, von ihren Erfolgen und Fehlschlägen auf dem Weg zu rechtsstaatlichen, stabilitätsorientierten und beitrittsfähigen Rechtsordnungen.
Die Erfahrungen der Vorbereitung des Beitrittsprozesses von 2004 zeigen, dass regionale Cluster von Beitrittskandidaten, die sich gegenseitig durch Erfahrungsaustausch unterstützen, die einzelnen Staaten voranbringen können: Die Transformationsleistungen und Beitrittsvorbereitungen Polens, der Tschechoslowakei und ihrer Nachfolger sowie Ungarns wurden durch deren Kooperation in der Visegrád-Gruppe deutlich gefördert.
Die Staaten des westlichen Balkan könnten ebenso von einem intensivierten Erfahrungsaustausch auf rechtlichem Gebiet profitieren. Während die Initiative zu einer intensivierten Kooperation im Visegrád-Raum von den drei/vier teilnehmenden Staaten ausging, muss ein solcher Prozess auf dem westlichen Balkan von außen angestoßen, begleitet und idealerweise auch moderiert werden. Es gibt zwar wissenschaftliche und rechtspolitische Kommunikation zwischen den Staaten der Region, die jedoch kaum über einzelne Initiativen und personengebundene Kontakte hinausgeht. Belastbare Netzwerke gibt es kaum. Außerdem setzt ein wirkliches Voneinander-Lernen die Bereitschaft zu fachlicher (Selbst-)Kritik voraus. Diese Bereitschaft ist seit dem Ende der Jugoslawienkriege immer noch unterentwickelt. Zahlreiche Initiativen westlicher Kooperationspartner wie etwa der IRZ-Stiftung oder der Südosteuropa-Gesellschaft zeigen aber, dass ein neutrales, von außen zur Verfügung gestelltes Forum die Bereitschaft zu echter fachlicher, z.B. rechtswissenschaftlicher Kommunikation schaffen und einen echten Diskurs zwischen Akteuren aus verschiedenen jugoslawischen Nachfolgestaaten in Gang bringen und halten kann. In diesen Erfahrungsaustausch sollen auch die beiden jugoslawischen Nachfolgestaaten, die bereits EU-Mitglieder sind, nämlich Slowenien und Kroatien, einbezogen werden. Sie haben bereits geschafft, was die Staaten des westlichen Balkan noch anstreben. Daher sind ihre Erfahrungen besonders wertvoll.
Das Projekt verfolgt drei aufeinander aufbauende Ziele, die unter dem Begriff „Stärkung des grenzüberschreitenden rechtlichen Dialogs“ zusammengefasst werden können:
– Identifizierung der Rechtsfragen, in denen Dialogbedarf und Dialogmöglichkeiten bestehen, und der „stake holders“ aus Wissenschaft, Politik, Zivilsphäre etc., die sinnvollerweise an einem Dialog zu der konkreten Frage teilnehmen. Geeignete Themen sind „Korruptionsstrafrecht“ und „Zwangsvollstreckung in Konten und Arbeitseinkommen“.
– Schaffung von Dialogforen, Einleitung, Begleitung und Moderation des Dialogs zwischen „stake holders“ aus den Nachfolgestaaten Jugoslawiens (und wo sinnvoll, mit Teilnehmenden von darüber hinaus), Unterstützung der Netzwerkbildung der Teilnehmenden.
– Nachhaltigkeit durch niederschwellige Publikation der Dialogergebnisse auf einer Projektseite im Open access in den Sprachen des westlichen Balkan und in rechtswissenschaftlichen und anderen Medien der Region sowie kontinuierliche Nachsorge bei der Netzwerkbildung.
Die Bestandteile unseres Projekts:
Baustein 1: Monitoring
Der erste Baustein des Projekts besteht darin, Themen der Rechtsentwicklung zu identifizieren, in denen ein Dialog zwischen zwei oder mehr Westbalkanstaaten untereinander und mit weiteren Staaten wie Slowenien, Kroatien oder anderen ehemals sozialistischen EU-Mitgliedern sinnvoll ist, um dann in einem zweiten Baustein zu diesen Themen geeignete Dialogforen zu organisieren. Die Auswahl dieser Themen erfolgt weniger unter dem Gesichtspunkt ihrer Relevanz für einen EU-Beitritt, d.h. ist nicht beschränkt auf die EU-Rechtsangleichung. Entscheidend ist vielmehr, wie wichtig sie für die Stabilität der Rechtsordnung(en) und ihrer Rechtsstaatlichkeit sind.
Im Rahmen dieses Projekts behandelt das IOR die Themen „Korruptionsstrafrecht“ und „Zwangsvollstreckung in Bankkonten und Arbeitseinkommen“ (zur Begründung dieser Auswahl s. Baustein 2).
Zeitrahmen: Das Monitoring ist eine laufende Tätigkeit, die während der gesamten Projektlaufzeit fortgeführt wird, um ggf. aktuelle Entwicklungen in die Projektarbeit einfließen lassen zu können. Die Veröffentlichung der Ergebnisse des Monitorings erfolgt monatlich in den „Chroniken der Rechtsentwicklung“ der im Open access zugänglichen Fachzeitschrift „Wirtschaft und Recht in Osteuropa“, für die das IOR redaktionell verantwortlich zeichnet.
Baustein 2: Dialog
– Dialogforum 1: Korruptionsstrafrecht
Das erste Thema im Projektzeitraum ist das Korruptionsstrafrecht. Slowenien und Kroatien haben bereits ein Korruptionsstrafrecht, das im Wesentlichen EU-Standards genügt. In den Beitrittskandidaten des westlichen Balkan ist dies nur teilweise der Fall. Zwar liegt in diesen Staaten der Hauptmangel der präventiven und repressiven Korruptionsbekämpfung nicht in der Gesetzgebung, sondern in deren Umsetzung. Gerade Antikorruptionsmaßnahmen, die zur Stabilisierung des Rechtsstaats beitragen sollen, setzen aber ein rechtsstaatliches „law on the books“ voraus; das gilt verstärkt im Strafrecht, das auch in den Verfassungen der Westbalkanstaaten besonderen rechtsstaatlichen Bindungen unterliegt. Ein rechtsstaatlich akzeptables Korruptionsstrafrecht ist somit der Ausgangspunkt für alle strafrechtlichen Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung.
Das Strafrecht der jugoslawischen Nachfolgestaaten ist untereinander immer noch ähnlich genug, um ein Voneinanderlernen ohne größere strukturelle, dogmatische und auch kriminologische Hürden zu ermöglichen.
Das Dialogforum „Korruptionsstrafrecht auf dem westlichen Balkan“ soll in Regensburg stattfinden. Der Termin wird im Januar oder Februar 2025 sein. Das genaue Datum wird mit den Teilnehmenden abgestimmt werden.
Geladen werden je 1 Vertreterin oder Vertreter der Strafrechtswissenschaft in Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Montenegro und Nordmazedonien, der kroatischen Antikorruptionsbehörde USKOK und der bosnischen Agentur für Korruptionsprävention und die Koordination der Korruptionsbekämpfung sowie von Transparency International und MANS (Mreža za afirmaciju nevladinog sektora), einer montenegrinischen NGO auf dem Gebiet der Korruptionsbekämpfung, die u.a. von Transparency International unterstützt wird. Insgesamt nehmen an dem Forum 10 externe Gäste sowie aus Regensburg die Projektbeteiligten des IOR und Mitglieder der juristischen Fakultät der Universität Regensburg teil.
Zu den themenspezifischen Vorarbeiten des IOR zu dem Thema Korruptionsbekämpfung gehört die Teilnahme an dem bayerischen Forschungsverbund forost mit dem Thema „Korruptionsbekämpfung in Osteuropa“ 2006/07 (Projektband: forost / Küpper, Herbert (Hrsg.): Korruptionsbekämpfung in Osteuropa, forost Arbeitspapier Nr. 46, München 2009).
Zeitrahmen (Oktober 2024 bis März 2025):
– Einrichtung der Projektwebseite und der Infrastruktur für die Online-Veröffentlichung der Working Papers und anderer Projektmaterialien: Oktober 2024;
– Einladung der Teilnehmenden für das Dialogforum, Vorbereitung des Forums: Oktober 2024 bis Januar 2025;
– Dialogforum in Regensburg: anderthalb Tage in Regensburg, nach Absprache mit den Teilnehmenden im Januar oder Anfang Februar 2025;
– Nachsorge, u.a. redaktionelle Aufbereitung und ggf. Übersetzung der schriftlichen Beiträge der Teilnehmenden: unmittelbar nach deren Eingang, auch über das Ende des Projekthalbjahres hinaus.
– Dialogforum 2: Zwangsvollstreckung in Bankkonten und Arbeitseinkommen auf dem westlichen Balkan
Das zweite Thema im Projektzeitraum soll die Zwangsvollstreckung in Bankkonten sein. Überall in den Ländern des westlichen Balkan ist die Praxis der Zwangsvollstreckung unbefriedigend, die Eintreibungsquoten sind gering. Diese gravierenden Mängel erschüttern auf Dauer das Vertrauen der Gläubiger und schließlich insgesamt der Gesellschaft in einen rechtsstaatlichen Zivilprozess. Da das Zwangsvollstreckungsrecht als Ganzes die Dimensionen eines Dialogforums sprengen würde, konzentriert sich dieses Projekt auf eine Vollstreckungsproblematik, die häufig vorkommt und zudem nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Privatpersonen als Gläubiger (etwa bei Unterhaltsforderungen) von Relevanz ist: die Vollstreckung in Bankkonten und Arbeitseinkommen.
Auch für das Zwangsvollstreckungsrecht gilt, dass die Ähnlichkeiten innerhalb der Nachfolgestaaten Jugoslawiens noch deutlich erkennbar sind. Ein Potenzial für ein Voneinander-Lernen gibt es mithin auch in diesem Rechtsgebiet.
Das Dialogforum „Zwangsvollstreckung in Bankkonten und Arbeitseinkommen auf dem westlichen Balkan“ soll wieder in Regensburg stattfinden. Der Termin wird im Juli oder August 2025 sein. Das genaue Datum wird mit den Teilnehmenden abgestimmt werden.
Wegen des eher technischen Charakters des Themas sind unter den Teilnehmenden die Vertreterinnen und Vertreter der Rechtspraxis stärker vertreten. Geladen werden insgesamt 10 Teilnehmende, außerdem nehmen die Projektbeteiligten des IOR teil.
Zu den themenspezifischen Vorarbeiten des IOR zählt das Forschungsprojekt „Rechtsdurchsetzung in Osteuropa: die Vollstreckung von Gerichtsurteilen“ (2004/2005). Die Projektergebnisse wurden in mehreren Arbeitspapieren des Forschungsverbunds forost publiziert.
Zeitrahmen (April bis September 2025):
– Erweiterung der Projektwebseite um das Dialogforum „Zwangsvollstreckung“: Januar 2025;
– Einladung der Teilnehmenden für das Dialogforum, Vorbereitung des Forums: Februar bis Juli 2025;
– Dialogforum in Regensburg: anderthalb Tage in Regensburg, nach Absprache mit den Teilnehmenden im Juli oder Anfang August 2025;
– Nachsorge, u.a. redaktionelle Aufbereitung und ggf. Übersetzung der schriftlichen Beiträge der Teilnehmenden: unmittelbar nach deren Eingang, auch über das Ende des Projekthalbjahres hinaus.
Baustein 3: Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit spielt eine wesentliche Rolle für die angestrebte Stabilisierungswirkung des Projekts. Das bedeutet, dass es niederschwellig möglich sein muss, die angestoßenen Erfahrungsaustausche, wissenschaftlichen und anderen Debatten über den Kreis der Teilnehmenden hinaus wahrzunehmen und ihre Ergebnisse zu rezipieren. Hierbei kommt es in erster Linie auf Wahrnehmbarkeit in den Staaten des westlichen Balkan selbst an. Hierzu stützt sich unser Projekt auf mehrere Methoden.
Erstens betreibt das IOR eine im Open access erscheinende Online-Reihe von Working Papers, in denen die Beteiligten ebenso wie Projektmitarbeitende und Dritte relevante Beiträge veröffentlichen können. Um ihre Wirkung vor Ort zu entfalten, werden diese Beiträge in Serbokroatisch bzw. seinen nationalstaatlichen Varianten, ggf. auch weiteren Sprachen der Region wie Albanisch, Mazedonisch/ Bulgarisch oder Slowenisch veröffentlicht. Eine über die Region hinaus gehende Breitenwirkung wird in geeigneten Fällen durch eine parallele Veröffentlichung in einer internationalen Sprache erreicht. Die Working Papers werden primär auf der Projektwebseite publiziert. Dort soll die Möglichkeit eines Print-on-demand zur Verfügung gestellt werden, damit u.a. interessierte Multiplikatoren wie etwa Bibliotheken die Möglichkeit haben, diese Working Papers als bibliographische Einheiten in ihre Regale zu stellen und so weitere Leserschichten zu erschließen.
Zweitens können Debatten in Bild und Ton aufgenommen und ebenfalls im Internet auf der Webseite des Projekts zugänglich gemacht werden. Dies kann bereits während der Debatte oder auch nur nachträglich erfolgen. Die Veröffentlichung der Debatten setzt die ohne Zwang erteilte Zustimmung aller Teilnehmenden voraus. Außerdem ist bei der Aufnahme zu beachten, dass sie nicht den freien Austausch verhindern darf. Ob dies zu befürchten ist, hängt vom Thema und der Konstellation der Teilnehmenden ab. Während bei Fragen der Zwangsvollstreckung wegen ihres eher technischen Charakters kaum Bedenken im Hinblick eine Online-Veröffentlichung der Debatte zu erwarten sind, schließen wir bei dem politiknäheren Thema des Korruptionsstrafrechts nicht aus, dass einzelne Teilnehmende, etwa Vertreterinnen und Vertreter von Behörden, die Öffentlichkeit ausgeschlossen haben möchten. Wir werden in jedem Fall mit den Teilnehmenden pragmatische Lösungen entwickeln, um den freien Austausch von Gedanken nicht zu behindern.
Drittens sollen relevante Diskussionsbeiträge in den rechtswissenschaftlichen und ggf. auch anderen Medien in der Region publiziert werden. Dann sind sie eingebettet in die reguläre rechtswissenschaftliche und allgemeine Debatte in dem gegebenen Land. Die Projektmitarbeitenden können im Kontakt mit den entsprechenden Redaktionen bei der Platzierung von Beiträgen behilflich sein.
Viertens können Themen und Debattenbeiträge über soziale Medien in die Debatten der Staaten des westlichen Balkan eingespeist werden.
Fünftens organisieren die Projektmitarbeitenden spezielle Kommunikationsforen, die es Personen, die an einer Projektmaßnahme teilgenommen haben, ermöglichen, miteinander in Kontakt und in einem v.a. fachlichen Austausch zu bleiben. Hierzu ruft das IOR eine geschlossene Benutzergruppe in einem in der Region verbreiteten sozialen Netzwerk ins Leben, die diesen Personen offensteht und die bei Bedarf von den Projektmitarbeitenden moderiert wird. In geeigneten Fällen und vorbehaltlich einer adäquaten Finanzierungsmöglichkeit werden Follow-up-Foren organisiert, in denen die Teilnehmenden eines abgeschlossenen Forums die Fortentwicklung in der gegebenen Rechtsfrage diskutieren. Das IOR eröffnet (ehemaligen) Teilnehmenden die Möglichkeit, in Deutschland zu publizieren und auch auf diesem Weg Netzwerke zu pflegen.
Sechstens werden wir bei den Bibliotheken der Regensburger Gerichte aussortierte Vorauflagen und andere Fachliteratur einsammeln und den Projektteilnehmenden aus der Region kostenlos zur Verfügung stellen. Das soll dazu beitragen, die rechtsvergleichende Einbettung der angestoßenen Dialoge zu verstetigen.
Zeitrahmen: Die Maßnahmen Erstens bis Viertens bestehen in der Nachsorge einer konkreten Veranstaltung. Die Teilnehmenden erhalten Fristen, innerhalb derer ihre schriftlichen Beiträge erwartet werden. Die Maßnahmen zu Fünftens und Sechstens sind fortlaufend, auch über das Ende der Projektlaufzeit hinaus.
Zielpersonen:
Das Projekt ist in erster Linie ein rechtswissenschaftliches. Daher richtet es sich zuerst an die Vertreterinnen und Vertreter der Rechtswissenschaft und der Rechtsanwendung, zwischen denen ein grenzüberschreitender Dialog wieder zustande kommen soll. Da das Recht und die rechtsstaatliche Entwicklung nicht in einem Elfenbeinturm der Wissenschaft stattfinden, besteht eine zweite Zielgruppe aus Entscheidungsträgerinnen und -trägern und eine dritte Zielgruppe aus „watchdogs“ u.ä., z.B. Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft und der Verbände. Zielgruppen und Schlüsselakteure überlappen sich weitgehend.
Das angestrebte Ziel, die Initiierung und Förderung fachlicher Dialoge, ist für sich genommen geschlechterübergreifend und damit geschlechterneutral. Im Rahmen des Projekts achten wir darauf, dass in den Foren alle Geschlechter hinreichend vertreten sind und niemand wegen des Geschlechts oder anderer Faktoren benachteiligt oder bevorzugt wird.
Ein spezifischerer Genderaspekt ergibt sich in den Fällen, dass genderrelevante Rechtsfragen im einem Forum des Projekts verhandelt werden. So sind Frauen regelmäßig von Mängeln der Zwangsvollstreckung in Bankkonten und Arbeitseinkommen stärker betroffen, da sie als Gläubigerinnen und mehr noch als Vertreterinnen der Inhaber von Unterhaltsforderungen (regelmäßig der minderjährigen Kinder) mit der Durchsetzung ihrer Ansprüche scheitern. Spiegelbildlich profitieren Männer in Gestalt säumiger Unterhaltsschuldner überproportional von den Dysfunktionalitäten der genannten Zwangsvollstreckungsarten.