Slowenien

Länderreferent: Tomislav Pintarić
E-Mail: pintaric(at)ostrecht.de

Inhaltsverzeichnis:

Geschichte
Gegenwart
Recht und Justiz
Landesrelevante Links

Auf einen Blick:

offizieller Staatsname:Republik Slowenien (Republika Slovenija)
Fläche:20.273 qkm
Bevölkerung:ca. 2,1 Millionen (Stand Anfang 2021)
Hauptstadt:Ljubljana (ca. 285.000 Einwohner in der Stadt, über 500.000 Einwohner im Ballungsraum)
Regierungsform:parlamentarische Republik mit unechtem Zweikammerparlament
Verfassung:Verfassung der Republik Slowenien vom 23.12.1991
Verwaltung:Einheitsstaat mit 212 Gemeinden; eine regionale (Selbst-)Verwaltungsebene ist von der Verfassung als Option vorgesehen, jedoch ist ihre Einführung bislang an dem ebenfalls in der Verfassung vorgesehenen Veto der Kommunen stets gescheitert
Justiz:gegliederte Einheitsgerichtsbarkeit aus ordentlichen Gerichten (4 Ebenen), Arbeits- und Sozialgerichten (3 Ebenen) und Verwaltungsgerichten (2 Ebenen), an der Spitze steht einheitlich das Oberste Gericht; separat von dieser Justiz besteht ein Verfassungsgericht
Währung:Euro
Wirtschaftsleistung:BIP/Einwohner: 23.654,- US$ nominal, 34.408,- US$ in Kaufkraftparität (Angaben für 2017)
Amtssprache:Slowenisch; Minderheitensprachen Italienisch und Ungarisch in den Siedlungsgebieten zugelassen
Nationalfeiertage:25. Juni

Geschichte

Seit dem Hochmittelalter gehörte das Siedlungsgebiet der Slowenen zum Herrschaftsgebiet der Habsburger im Südosten des Heiligen Römischen Reichs. Mehrheitlich slowenisch besiedelt waren die Kronländer Krain und Görz und Gradisca sowie der Süden des Kronlands Steiermark; relevante slowenische Minderheiten lebten in den Kronländern Istrien und Kärnten sowie der Stadt Triest. Seit dem 19. Jahrhundert entstand ein einheitliches slowenisches Sprach- und Nationalbewusstsein.

Seit 1918 gehörten die slowenischen Siedlungsgebiete mit wenigen Ausnahmen zu dem neu gegründeten Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (später Jugoslawien). Zu einem Kristallisationspunkt des slowenischen Geisteslebens entwickelte sich die 1919 gegründete Universität Ljubljana. Die politische Selbstbestimmung blieb den Slowenen jedoch in dem neuen jugoslawischen Staat verwehrt, denn dieser verstand sich als Zentralstaat, der auf einer einheitlichen südslawischen Nation basierte.

Einen slowenischen Staat schufen erstmals die jugoslawischen Kommunisten 1944. Im Rahmen des jugoslawischen Ethnoföderalismus erhielten auch die Slowenen eine eigene Gliedrepublik, die Volksrepublik Slowenien. Diese nahm an dem besonderen jugoslawischen Weg zum Sozialismus, dem sog. Selbstverwaltungssozialismus, teil. In sozialistischer Zeit war Slowenien die wirtschaftlich fortgeschrittenste jugoslawische Gliedrepublik und genoss den höchsten Lebensstandard in ganz Jugoslawien.

Seit 1988 setzte sich die slowenische KP für mehr Selbstständigkeit innerhalb Jugoslawiens, später für die volle Unabhängigkeit ein. Nach dem vorwiegend unblutigen sog. 10-Tage-Krieg im Juni/Juli 1991 erkannte Belgrad die slowenische Unabhängigkeit an. Da sich die KP an die Spitze der Unabhängigkeitsbewegung gesetzt hatte, gab es nach 1991 praktisch keinen Elitenwechsel, woran die politische Kultur des Landes bis heute krankt.

Auch nach der Unabhängigkeit behielt Slowenien sein wirtschaftliches Potenzial. Den Konflikt mit Italien um Entschädigungen für italienische „Ostvertriebene“, die ab 1944 aus den slowenischen Küstengebieten teils geflohen, teils vertrieben worden waren, konnte beigelegt werden. Slowenien trat im Rahmen der ersten EU-Osterweiterungsrunde 2004 der EU bei und ist ebenfalls seit 2004 NATO-Mitglied. Seit 2007 zahlt Slowenien mit dem Euro.

Gegenwart

Slowenien ist das erste ehemals sozialistische EU-Mitglied, dem es gelang, mit seinen makroökonomischen Daten die ärmeren Altmitglieder wie Griechenland und Portugal zu überholen. Wirtschaftlich hat Slowenien von dem EU-Beitritt seines südlichen Nachbarn Kroatien profitiert, weil damit die slowenische Südgrenze aufhörte, eine EU-Außengrenze zu sein.

Die Bucht vor Piran: Slowenien hat einen offenen Territorialkonflikt mit Kroatien

Trotz einschlägiger bilateraler Verträge und der Befassung eines Schiedsgerichts ist der Konflikt politisch immer noch nicht endgültig befriedet, jedoch immerhin ein Modus vivendi gefunden.

 

Die politische Kultur Sloweniens ist durch den fehlenden Elitenwechsel nach 1991, eine lebhafte direkte Demokratie auf gesamtstaatlicher wie auf kommunaler Ebene und durch das einzige unechte Zweikammersystem in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens geprägt. Neben der Volksvertretung, der „Staatsversammlung“ (Državni zbor) gibt es einen „Staatsrat“ (Državni svet), in dem v.a. die Kommunen und die Berufsstände vertreten sind. Er hat v.a. konsultative Befugnisse. Man mag in ihm ein Fortleben der Traditionen des sozialistisch-jugoslawischen Mehrkammersystems sehen.

Die slowenischen Vorkehrungen für die beiden kleinen und regional konzentrierten Minderheiten der Italiener und Ungarn, die beide in der Verfassung hervorgehoben werden, gilt als vorbildlich. Schwerer tut sich das Land mit den Roma, deren verfassungsmäßiger Status weniger ausgebaut ist, mit den innerjugoslawischen „Gastarbeitern“, denen auch nach Jahrzehnten des legalen Aufenthalts in Slowenien der Zugang zur slowenischen Staatsangehörigkeit nicht immer leicht gemacht wurde (die sog. „Gestrichenen“), sowie mit der deutschsprachigen Minderheit, deren Existenz erst 2001 offiziell anerkannt wurde.

Recht und Justiz

Da die slowenischen Gebiete lange Zeit zu mehreren österreichischen Kronländern gehörten, ist historisch der Einfluss des österreichischen Rechts dominant. Regionale rechtliche Besonderheiten in den Kronländern, die v.a. im Kronland Krain mit einiger Vorsicht als „slowenisch“ interpretiert werden können, wurden im Zuge des Absolutismus im 18. Jahrhundert beseitigt. Seitdem galt in den slowenischen Gebieten österreichisches Recht. Im Zwischenkriegsjugoslawien war die Abteilung B des Tafelgerichts Zagreb für die Pflege des slowenisch-österreichischen Rechts (das sich durchaus von dem in Kroatien, Bosnien oder in der Wojwodina fortgeltenden österreichischen Recht unterschied) zuständig.

Seit der Unabhängigkeit 1991 gehört Slowenien mit Kroatien zu den „Schrittmachern“ des postjugoslawischen Rechtsraums. Slowenische (und kroatische) Gesetzgebung und Rechtswissenschaft werden in den südlicheren Nachfolgestaaten Jugoslawiens beobachtet und ggf. auch rezipiert.

Wie in allen Nachfolgestaaten Jugoslawiens, so ist auch die slowenische Zivilrechtsordnung durch das Fehlen eines Bürgerlichen Gesetzbuchs geprägt. Stattdessen gibt es Einzelgesetze für die Hauptgebiete (Personenrecht, Familienrecht, Gesellschaftsrecht, Schuldrecht, Sachenrecht, Erbrecht) und zahlreiche Einzelfragen.

In der Justiz setzen sich die Strukturen des sozialistischen Slowenien fort. Die allgemeine Gerichtsbarkeit besteht aus 44 Kreisgerichten, 11 Bezirksgerichten und 4 Obergerichten (Celje, Koper, Ljubljana, Maribor) sowie dem Obersten Gericht. An Spezialgerichten kennt die slowenische Justiz 3 Arbeitsgerichte (Celje, Koper, Maribor), 1 Arbeits- und Sozialgericht in Ljubljana, das neben den Arbeitssachen im Gerichtssprengel Ljubljana auch Sozialstreitigkeiten für das gesamte Land entscheidet, 1 Arbeits- und Sozialobergericht sowie 1 Verwaltungsgericht. Letzteres ist die Eingangsinstanz für Verwaltungsstreitigkeiten aus dem ganzen Land und hat den Rang eines Obergerichts inne. Da das gemeinsame Höchstgericht das Oberste Gericht ist, werden die Arbeits- und Sozial- sowie die Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht als eigene Gerichtszweige aufgefasst, sondern als Spezialgerichte einer im Übrigen einheitlichen Justiz.

1. Oberste Verfassungsorgane, Rechtsordnung:

Staatspräsident
Staatsversammlung (Parlament)
Staatsrat (zweite Kammer)
Regierung
Allgemeines Regierungsportal
Verfassungsgericht
Oberstes Gericht
Uradni list (Gesetzblatt)

2. Außenvertretungen:

Slowenische Botschaft in Deutschland
Slowenisches Generalkonsulat in München
Deutsche Botschaft in Slowenien

3. Wirtschaft:

Deutsche Außenhandelskammer in Slowenien
Ostausschuss der deutschen Wirtschaft

4. Rechtswissenschaft

Handbuch Wirtschaft und Recht in Osteuropa
Wirtschaft und Recht in Osteuropa