Am 27.10.2023 fand die VII. Internationale wissenschaftlich-praktische Konferenz „Moderne Herausforderungen und aktuelle Fragen der Justizreform in der Ukraine“ statt. Die Online-Konferenz wurde vom Lehrstuhl für Verfahrensrecht der Nationalen Universität Czernowitz Jurij Fedkovych (Prof. Dr. Oksana Shcherbanjuk) in Zusammenarbeit mit der Deutsch-Ukrainischen Juristenvereinigung, dem EU-Projekt Pravo-Justice, der Juristischen Fakultät der Vilnius-Universität, dem Lehrstuhl für Verfassungsrecht der Nationalen Rechtsuniversität Jaroslav-Mudryi und anderen organisiert.
Ein Panel widmete sich der Reform der Verfassungsgerichtsbarkeit in der Ukraine als Voraussetzung für die Mitgliedschaft der Ukraine in der EU. Drei aktive Verfassungsrichter:innen der Ukraine und ein Richter des EGMR waren unter den prominenten Teilnehmern dieser Diskussionsrunde. Unsere wissenschaftliche Referentin für ukrainisches Recht Antje Himmelreich referierte in diesem Rahmen über „Aktuelle Anpassungen bei der Reform der Verfassungsgerichtsbarkeit in der Ukraine als Voraussetzung für den EU-Beitritt“. Sie sprach insbesondere über zwei Gesetze der Ukraine vom 13.12.2022 und vom 27.07.2023, die ein transparentes und wettbewerbsbasiertes Vorauswahlverfahren für die Ernennung von Verfassungsrichtern einführten. Dieser Prozess sieht eine Bewertung der Integrität und fachlichen Kompetenz der Kandidaten durch ein unabhängiges Gremium unter Beteiligung internationaler Experten vor. Gegner der Reform befürchten einen damit einhergehenden Souveränitätsverlust der Ukraine. Die Befürworter kritisierten hingegen eine nicht exakte Umsetzung der Empfehlungen der Venedig-Kommission.
Ziel dieser Änderungen ist es, die Unabhängigkeitsgarantie des ukrainischen Verfassungsgerichts zu stärken. Derzeit sind nur 13 von 18 Richterstellen am Verfassungsgericht der Ukraine besetzt. Die Venedig-Kommission betonte in ihrer letzten Stellungnahme die Wichtigkeit, dass die Richterstellen am Verfassungsgericht nicht zu lange unbesetzt bleiben. Die Verabschiedung und Umsetzung der genannten Gesetze ist Teil des 7-Punkte-Programms der Europäischen Kommission für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine.
Weitere Panels widmeten sich der Reform des Gerichtssystems der Ukraine und den Organen Justizverwaltung sowie den Problemen bei der Anwendung des Verfahrensrechts und richterlichen Argumentation.
Von Seiten der Deutsch-Ukrainischen Juristenvereinigung trugen unter anderem Wolfgang Siewert, Präsident des Landessozialgerichts Hamburg, und Cornelia Wölk, Richterin am Landgericht Hamburg, vor (beide im 2. Panel).