Republik Moldau

Länderreferent: Axel Bormann
E-Mail: bormann(at)ostrecht.de

Inhaltsverzeichnis:

Geschichte
Gegenwart
Recht und Justiz
Landesrelevante Links

Auf einen Blick:

offizieller Staatsname:Republik Moldau; mold.: Republica Moldova, engl.: Republic of Moldova
Fläche:33.843 qkm
Bevölkerung:ca. 3,5 Millionen (Stand Ende 2016)
Hauptstadt:Kischinau / Chişinău (ca. 686.000 Einwohner, im Ballungsraum über 1,5 Mio. Einwohner)
Regierungsform:parlamentarische Republik
Verfassung:Verfassung der Republik Moldau vom 27.4.1994
Verwaltung:Seit der Neugliederung 2003 gliedert sich das Land in fünf Munizipien (mold. Municipii, Sing. Municipiu), 32 Rajons bzw. Kreise (mold. Raioane, Sing. Raion), sowie die zwei autonomen territorialen Einheiten Gagausien (Găgăuzia) und Transnistrien (Transnistria), letzteres mit „besonderem Rechtsstatus“, faktisch jedoch ein abtrünniges Gebiet mit behaupteter Eigenstaatlichkeit und der Eigenbezeichnung Pridnestrowische Moldauische Republik.
Justiz:dreistufige Einheitsgerichtsbarkeit mit dem Obersten Gerichtshof (mold. Curtea Supremă de justiţie) an der Spitze
Währung:Moldauischer Leu (MDL), 1 € entspricht etwa 21 MDL(Stand April 2021)
Wirtschaftsleistung:BIP/Einwohner: 4.458,- US$ nominal, 13.440,- US$ in Kaufkraftparität (Angaben für 2019)
Amtssprache:Moldauisch, regional Russisch, Gagausisch und Ukrainisch
Nationalfeiertage:27. August – Unabhängigkeitstag; 31. August – Tag der rumänischen Sprache

Geschichte

Ein früher Zeitraum der Eigenstaatlichkeit für das Gebiet der heutigen Republik Moldau kann ab 1349 für das von Fürst Bogdan gegründete unabhängige Fürstentum Moldau belegt werden. Recht bald nach dem Tod von Stefan cel Mare (Stefan der Große), schon um 1512, geriet das Gebiet zunächst für 300 Jahre unter osmanische Herrschaft, wurde im Ergebnis des russisch-türkischen Krieges (1806 – 1812) als Teil des Gouvernements Bessarabien in das russische Reich integriert und nach einer Interimszeit (zusammen mit der Walachei) unter die Kollektivgarantie der Unterzeichnerstaaten des Vertrages von Paris (1856) gestellt. Das Gebiet geriet zunächst stärker unter rumänischen Einfluss, um 1878 wieder Russland zugeschlagen zu werden. Im Ergebnis des 1. Weltkrieges wurde das Gebiet schließlich überwiegend Rumänien zugewiesen, was vonseiten der Sowjetunion jedoch zu keinem Zeitpunkt anerkannt wurde, die 1924 die Gründung einer autonomen Republik (und später Moldauischen Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik) auf einem Teilgebiet östlich des Dnistr betrieb. Ab 1940 wurde das restliche heutige Staatsgebiet auf der Grundlage des Geheimen Zusatzprotokolls zum Hitler-Stalin-Pakt nach der Besetzung durch rumänische und deutsche Truppen von der Sowjetunion annektiert. 1991 wurde die Moldauische SSR zur Republik Moldau, durchaus vorhandene starke und auch von rumänischer Seite unterstützte Kräfte, die einen Anschluss an Rumänien präferierten, konnten sich letztlich nicht durchsetzen.

Allerdings war es schon seit 1989 wegen der von einigen Bevölkerungsgruppen als nationalistisch empfundenen Politik der Republik Moldau zu heftigen Konflikten zwischen der Zentralregierung in Chișinău und den überwiegend von ethnischen Minderheiten bewohnten Gebieten Transnistrien und Gagausien gekommen. Der Streit eskalierte 1990 bis zur Erklärung der staatlichen Unabhängigkeit seitens der genannten Gebiete. In Transnistrien verschärfte sich die Situation ab 1992 noch weiter, es kam zu einer auch von russischer Seite unterstützten bewaffneten Auseinandersetzung, die mehr als 1.000 Todesopfer forderte. Der Konflikt endete schließlich mit der noch immer bestehenden De-facto-Unabhängigkeit dieses Landesteils, der bis heute u.a. auch eine operationelle Gruppe der Streitkräfte der Russischen Föderation auf seinem Territorium duldet. Fortlaufende Verhandlungen seit 1992 brachten nur geringe Fortschritte, schließlich arrangierten sich die Konfliktparteien weitgehend mit dem herrschenden Status quo, was sich nicht zuletzt in der gegenseitigen Anerkennung bestimmter Rechtsakte der jeweils anderen Seite ausdrückt.

Gegenwart

Die Republik Moldau ist stark durch den Gegensatz zwischen dem recht entwickelten Ballungsraum um Chişinău, in dem sich mehr als ein Drittel der Bevölkerung und der überwiegende Teil der Wertschöpfung konzentrieren, und den eher schwach entwickelten und ländlich geprägten anderen Regionen geprägt. Eine höhere Konzentration von verarbeitendem Gewerbe, die noch in die Zeit der Sowjetunion zurück reicht, ist zudem in der östlich des Dnistr gelegenen Region Transnistrien zu finden, die jedoch eine faktische Eigenstaatlichkeit genießt.

Die politische Entwicklung der letzten Jahrzehnte ist von einer wechselnden Annäherung an die EU und dann wieder an Russland geprägt. Wirtschaftlich gut vernetzte Oligarchen erlangten immer wieder erheblichen bis prägenden Einfluss auf die Politik. Der Kampf gegen die Korruption gestaltete sich mühsam und langwierig, blieb jedoch nicht gänzlich ohne Erfolge. Das Verhältnis zwischen stärker Rumänien zuneigenden und Rumänisch sprechenden Bevölkerungsgruppen auf der einen und solchen mit ausgeprägten Sympathien für Russland auf der anderen Seite ist nicht frei von Spannungen, hat sich in den letzten Jahren aber doch nachhaltig entkrampft. Eine funktionale Zweisprachigkeit ist in der Bevölkerung, besonders derjenigen der wirtschaftlich, kulturell und politisch prägenden Region um Chişinău, recht verbreitet.

Der Triumphbogen in Chișinău, Quelle: iStock.com/Leonid Andronov

Die Beziehungen zum deutlich größeren westlichen Nachbarn Rumänien folgten in manchen Aspekten der die politische Entwicklung prägenden Pendelbewegung zwischen Annäherung an die EU auf der einen und an Russland auf der anderen Seite. Es ist jedoch nicht von der Hand zu weisen, dass die ehemalige Zugehörigkeit des Gebietes der Republik Moldau zu Rumänien sowie auch darüber hinaus gehende kulturelle und wirtschaftliche Verbindungen der Beziehung zwischen den beiden Ländern ein besonderes Gepräge geben. So werden etwa die rumänischsprachigen Bürger der Republik Moldau in erheblicher Weise beim Erwerb der rumänischen Staatsbürgerschaft privilegiert, was für diese einen attraktiven Zugang zu einer EU-Staatsbürgerschaft darstellt.

Die Beziehung der Republik Moldau zur Europäischen Union ist von einer zunehmenden Annäherung geprägt, auch wenn eine klare Beitrittsperspektive derzeit nicht im Raum steht und die Sympathien der Bevölkerung diesbezüglich auch nicht klar überwiegen. Das  2014 geschlossene wirtschaftliche und politische Assoziierungsabkommen mit der EU hat diesen Prozess weiter befördert, obwohl Russland diese Fortschritte mit Argwohn verfolgt und immer wieder Anstrengungen unternimmt, diese Entwicklung zu behindern. Da die moldauische Wirtschaft u.a. beim Export von Wein und anderen landwirtschaftlichen Produkten noch immer auf den russischen Markt angewiesen und auch die Energiewirtschaft eng mit Russland verflochten ist, bleiben Embargo-Maßnahmen seitens Russland nicht ohne Wirkung. Dennoch erfolgte im Laufe der Jahre eine immer umfassendere Anpassung des Rechts- und institutionellen Systems an den Acquis communautaire der EU, so dass auch für weitere Integrationsschritte gute Voraussetzungen bestehen.

Recht und Justiz

Das Rechtssystem der Republik Moldau fußte zunächst auf dem übernommenen sowjetischen Recht, dessen Regelungen jedoch nach und nach durch Neukodifikationen ersetzt oder, in Bereichen, in denen im sowjetischen Rechtssystem kein Regelungsbedarf bestand, entsprechend ergänzt wurden. Schon seit den 1990er Jahren ist dieser Reformprozess stark durch die internationale Beratungstätigkeit geprägt, zunächst durch den Europarat und die USA, danach zunehmend und bis heute prägend durch die EU. Diese wechselnden Einflüsse führten teils zu mehrfachen Neukodifikationen grundlegender Gesetze in hoher Frequenz, ein prominentes Beispiel ist etwa das  2002 in Kraft getretene Zivilgesetzbuch, das schon Anfang 2019 wieder durch eine sehr umfassend reformierte Neufassung ersetzt wurde. Eine Besonderheit des moldauischen Rechtssystems ergibt sich aus der faktischen Eigenstaatlichkeit des autonomen Gebietes Transnistrien, das auf seinem Gebiet viele Elemente des sowjetischen Rechts bewahrt hat und sich bei seiner Rechtssetzung eher an Russland orientiert. Während die Republik Moldau auf verfassungsrechtlicher Ebene den Geltungsanspruch eines einheitlichen moldauischen Rechts auch für Transnistrien formal aufrechterhält, werden seit einiger Zeit auf der Ebene der einfachen Gesetzgebung verstärkt pragmatische Regelungen erlassen, die auch Rechtsakte transnistrischer Behörden faktisch anerkennen und dadurch den Rechtsverkehr mit dem abtrünnigen Gebiet erleichtern.

Das Justizsystem der Republik ist als dreistufige Einheitsgerichtsbarkeit organisiert, mit 15 Gerichten, 4 Berufungsgerichten (Chişinău, Bălţi, Cahul und Comrat) und dem Obersten Gerichtshof mit Sitz in Chişinău an der Spitze. Die Eingangsinstanz verfügt nur an den größeren Gerichten über fachspezifische Abteilungen, etwa für Zivilsachen, Strafsachen, Insolvenzsachen und Verwaltungssachen. Spezialisierte Gerichtsbarkeiten, wie etwa eine separate Verwaltungsgerichtsbarkeit, fehlen. Häufige, teils rigorose Neuordnungen der Zuständigkeiten stehen einer nachhaltigen Spezialisierung von Richtern und kollektiven Spruchkörpern ebenfalls entgegen, sodass, verstärkt durch ein nur schwach entwickeltes Gutachterwesen, die Fachkompetenz der Gerichte in komplexeren und speziellen Materien nicht selten zu wünschen übrig lässt. Hinzu kommt die persistente Tradition, in jeglichen Rechtsstreitigkeiten meist sämtliche vorhandene Instanzen zu bemühen, was zu einer individuell sehr hohen Fallbelastung gerade der Obergerichte führt und etwa den Obersten Gerichtshof daran hindert, seiner übergeordneten Funktion einer fundierten Vereinheitlichung der Rechtsprechung angemessen gerecht zu werden. Außerhalb des allgemeinen Gerichtsystems besteht zusätzlich ein Verfassungsgerichtshof mit Sitz ebenfalls in Chişinău, der u.a. über konkrete Normenkontrollanträge der allgemeinen Gerichtsbarkeit entscheidet. Eine individuelle Verfassungsbeschwerde ist dagegen nicht vorgesehen.

1. Oberste Verfassungsorgane, Rechtsordnung:

Staatspräsidentin bzw. Staatspräsident
Parlament
Regierung
Verfassungsgerichtshof
Oberster Gerichtshof
Gerichtsportal
Ombudsperson
Generalstaatsanwaltschaft
Monitorul Oficial (Gesetzblatt)

2. Außenvertretungen

Moldauische Botschaft, zuständig für Deutschland und Dänemark
Generalkonsulat Frankfurt/Main

Deutsche Botschaft in der Republik Moldau

3. Wirtschaft

Grundbuch- und Katasteramt
Behörde für öffentliche Dienstleistungen (Handelsregister, Zentrales Einwohnermeldeamt, Zentrale Kfz-Zulassungsstelle, Vereinsregister usw.)
Handelskammer
Kompetenzzentrum Republik Moldau bei der Deutsch-Rumänischen Handelskammer
Ostausschuss der Deutschen Wirtschaft

4. Zivilgesellschaft

Legal Resources Centre from Moldova (Bürgerrechtsplattform)
Nationales Umweltzentrum (Plattform für Umwelt- und Naturschutz)
Institut für Strategische Initiativen (Projektplattform zur zivilgesellschaftlichen Entwicklung)